Politische Ikonografie Ausstellung Berlin

Ausstellung Galerie Galerie Jette Rudolph

Datum: 30.11.2007 - 19.01.2008

Künstler: Wim Botha, Paule Hammer, Svätopluk Mikyta, Dennis Rudolph, Joulia Straussova

Veranstalter & Ort:
Galerie Galerie Jette Rudolph
10117 Berlin
Zimmerstraße 90/91

Politische Ikonografie meint die wissenschaftliche Erforschung politischer Bilder, der sich die gleichnamige Forschungsstelle des kunsthistorischen Seminars an der Hamburger Universität und namhafte Wissenschaftler von Aby Warburg, Martin Warnke bis zu Horst Bredekamp und Michael Diers widmen, zwecks der Analyse der Geschichte der Abbildung von Herrschaft und Staatstheorie, sowie der gestischen Botschaften im Medienzeitalter, basierend auf den Hilfsmitteln der Farbenlehre, Komposition und Bildrhetorik./

Die Motivation zur Kuration einer Ausstellung zum Thema Kunst und Politik resultiert aus dem derzeit wahrnehmbaren Wandel vom "Rückzug ins Private", zur Formation kleiner "Gesinnungskreise". Die wissenschaftliche Analyse historischer, kultureller und politischer Motive dient auch den eingeladenen internationalen jungen Künstlern als Grundlage zur Entwicklung aktueller Statements, Kritik oder Projektionen von Utopien. Vergleichbar den transdisziplinären Ansätze der Wissenschaft nutzt auch die Kunst die visuelle Strategie der Vernetzung von Historie und Aktualität, dem Oszillieren zwischen den verschiedenen Medien und Genres./

Der Südafrikaner Wim Botha (*1974 in Pretoria) baut faszinierende Installationen mit Skulptur und Grafik, die subversiv die Bildlichkeit von Macht und Religion am Motiv der Sterblichkeit reflektieren, um nach Jahrhunderten der Ideologie die Haltung bzgl. Leben und Tod neu zu bestimmen. Im Rückgriff auf barocke Stilelemente wird der Gedankengang zum Leben in einen neuen Kontext von Hier, Jetzt und Gestern, von Moderne und Geschichte gestellt, die Vergänglichkeit des Individuums contra Machtsymbole- Reliquien und Ruinen-, die sich der Vergänglichkeit so hartnäckig entgegenstellen./

Dahingegen hat der multimediale Ansatz des Leipzigers Paule Hammer (*1975 in Leipzig) einen fast provozierend Tenor, wenn er in einer unorthodoxen Mischung Wort und Bild, Akribie und Gestus, Zitat und Ironie einander gegenüberstellt, um Weltentwürfe zu schaffen, die den "Konflikt des Künstlers gegen sich selbst, (der) Kunst gegen die Wirklichkeit und gegen die Wirklichkeit der Kunst" demonstrieren (Maik Schlüter). Beziehungsgefüge finden sich auf den Seiten des Künstlerbuches ebenso wie auf der gleichnamigen Leinwand „Sozialbeziehungsbild“. Ein Netzwerk verschiedenfarbiger Linien adaptieren soziale Strukturen des Künstlers und setzten sich in einem weitergedachten Beziehungsgeflecht von Punkten/ Personen fort und in einem Gesellschaftsbild zusammen, verdichten sich und werden so zu einer Art Geäst ähnlich dem des Stammbaumes, einem Pfad, auf dem Personen auf eine Person zurückgeführt werden./

Dem heraldischen und ikonografischen Diskurs hat sich der Berliner Dennis Rudolph (*1979 in Berlin) verpflichtet, um basierend auf den ebenso tradierten Medien der Kunst und Propaganda in Form von Radierung und Malerei seiner Mission einer neuen Kunstreligion Ausdruck zu verleihen. seine Adaption von C.D. Friedrichs "Eismeer" wird von einem dunklen Wolkenwirbel überschattet, aus dessen Mitte ein hoffnungsvoller Erleuchtungsschein durchbricht, konterkarriert von einem aufgespießten Stahlhelm im Bildvordergrund, der die demokratisch-liberale Haltung seines Betrachters provoziert./

Auch Svätopluk Mikyta (*1973 in Cadca) hat das Motiv der Massenbewegung als Motiv seiner künstlerischen Arbeit genommen - allerdings unter sozialistischen Vorzeichen. Seine Überzeichnungen von Buchdrucken wählen die Spartakiade als Beispiel geometrischer Formation, die das Individuum zugunsten der Menge subsumiert. Gleichzeitig ist das Mittel der Überzeichnung Ausdruck politischer Bildmanipulation, beeindruckt aber auch wegen seiner psychologischen Qualitäten./

Einen direkten Bezug zum aktuellen politischen Geschehen wagt die russische Künstlerin Joulia Strauss (*1974 in Leningrad) mit ihrer figürlichen Steinskulptur "polonium advertizing sculpture". Die operative Verbindung von Kunst und Wissenschaft unter Verwendung neoakademischer Stilmittel dient hier der Darstellung zweier Frauen, die mit wie zum Gruß erhobener Arme mittig eine Scheibe halten, die das chemische Symbol des radioaktiven Poloniums tragen, das im November 2006 zu Berühmtheit gelangte als der ehemalige russische Geheimdienstagent Litwinenko daran starb, wobei bis dato ungeklärt ist, ob es sich um einen politischen Anschlag handelte. Entsprechend oszilliert die Skulptur zwischen dem Genre Denkmal und Werbeträger./

Jette Rudolph, Julia Kolodziej
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