Ausstellung Galerie Emmanuel Walderdorff Galerie
Mit der erneuten Wiederkehr des Tafelbildes haben sich auch einst überwunden geglaubte Standards der Kunstauffassung und -rezeption wieder eingeschlichen. Man ist in malerische Virtuositäten verliebt, in ansehnliche große Formate, in mehr oder minder epische, pseudoromantisch-poppige Bildinhalte, in den fotorealistischen oder ornamentalen Exzess (am besten beides zusammen) und, nicht zuletzt, in die bunten Farben eines profitablen Markt- und Medienerfolges, der – wohl gerade in Zeiten eines allgegenwärtigen ökonomischen Angsttaumels – die künstlerische Arbeit bewahrheiten und rechtfertigen soll. Die Kunst, so will es scheinen, ist einfach geworden, konsumierbar, absehbar und erliegt als Dienstleistung und Statussymbol nur allzu gern ihrer eigenen Käuflichkeit. Umso wichtiger ist es, in Hans Pfrommer einen Künstler zu entdecken, der - ganz unabhängig von solchen Tendenzen – das Tafelbild als Kategorie und Konvention bestätigt und zugleich parodiert, Betrachtererwartungen bedient und zugleich an der Nase herumführt.
Dem malerfürstlichen Ideal der großen Gesten setzt Pfrommer seine durchweg kleinformatigen Gemälde und Zeichnungen entgegen, die doch auf einen Blick nicht erfasst werden können. Schon diesen ersten Blick lenkt der Künstler vom Gemälde auf seine Beschriftung ab, welche hier Bildtitel und literarische Bildunterschrift in einem ist. Diese (behalten wir diesen Begriff:) Bildtitel, teils von beträchtlicher, sich verselbständigender Länge, erweitern das Bild um eine erzählerische Dimension und rücken es gelegentlich sogar in die Nähe des Cartoons oder, vor allem dort, wo sich mehrere Bilder unter einem Titel gruppieren, der Bildgeschichte. Jedoch ist jede einzelne Arbeit, mag sie zunächst noch so lapidar erscheinen, so minutiös, ja raffiniert durchgearbeitet, dass der vorläufige Eindruck einer für den Druck bestimmten Grafik bald dem des in Öl oder Bleistift fein gearbeiteten, wenn auch prunkfeindlichen
Kabinettstücks weicht.
Gerade in den Bildtiteln und ihrer komplexen Funktion für das Bildverständnis oder, wenn man so will, in der Zwitterform aus mitunter derbem Cartoon und subtilem Miniaturgemälde, liegt denn auch ein weiterer wesentlicher Moment der Pfrommerschen Kunst: der Humor.
Die Zeichnung ‚Künstlers Erdenwallen’ beispielsweise zeigt auf einem Stuhl den Künstler selbst, den Kopf in die Hand gelegt, wie er in einer Denkblase von seiner auslaufenden Waschmaschine träumt. Diese lässt die Denkblase in ein Rinnsal überlaufen, das am Boden eine Pfütze bildet – das alles durchaus so komponiert, daß Sinnieren und Pfützebilden einen Kreislauf ergeben. Nicht nur in dieser Arbeit kontrastiert Pfrommer hohen Anspruch mit minderer Unbill und gewinnt - jenseits von bloßem Humorismus - aus der Verbindung von Melancholie und Ironie, Pathos und Satire eine unvergleichliche Komik, welche im Spannungsfeld des Widersprüchlichen und im Angesicht aller möglichen Widrigkeiten, mit denen die Kunst nach ihrem Ende rechnen muss, einen seltenen Grad an Objektivität erreicht. Aus dieser Objektivität heraus formuliert Pfrommer eine geradezu existentialistische Weltschau, in welcher die Götzen der Schönheit und des Nutzens zu peinlichen Sehnsuchtsmomenten einer kollektiven Debilität werden.
Doch spielen komischerweise in diese Bilder auch Momente stillen Glücks und zarter Idylle. Im Humor steckt eben immer auch eine befreiende, konstruktive Kraft und Lachen bedeutet immer auch Denken. Der Esprit, mit dem diese Bilder sowohl den Anachronismus ihres Genres als auch die absurde Tristesse ihrer Sujets reflektieren, bewahrt sie stets vor den giftigen Fahrwassern des Zynismus oder den schnell nacherzähltenPointen des Witzes oder Klamauks. Zusammen mit der beinahe plastischen Qualität der Malerei auf Holztafeln, der Zeichnung auf Buchdeckel, nimmt das immer wieder räumlichen, konkreten Charakter an. In diesem Sinn überrascht es nicht, dass Pfrommer neben seiner malerischen Tätigkeit auch überaus amüsante Objekte in Ton aus dem Ärmel zaubert, und in Performances und Auftritten, anlässlich dieser Ausstellung auch erstmals in einem Kurzfilm, sein Publikum bestens zu unterhalten weiß.
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