FRONTERA Ausstellung Kassel

Ausstellung Museum Kunsthalle Fridericianum

Datum: 04.12.2010 - 20.02.2011

Künstler: Teresa Margolles

Veranstalter & Ort:
Museum Kunsthalle Fridericianum
34117 Kassel
Friedrichsplatz 18

Mit reduzierten, aber stets drastischen Mitteln lässt Teresa Margolles (geboren in Culiacán, Mexiko, 1963) Werke von höchster Eindringlichkeit entstehen. Ihre Arbeiten erscheinen oft auf den ersten Blick formal minimalistisch und eröffnen dem Publikum ihre tiefe Emotionalität und Dramatik, wenn es ihrem rigorosen Realismus in der Materialwahl auf die Spur kommt. Margolles verwendet Substanzen wie Blut, Körperfett oder auch Leichenwaschwasser nicht nur symbolisch, sondern plastisch und attackiert damit auf subtile Weise menschliche Berührungsängste. Die zentrale Frage, um die sich ihre Kunst dreht, ist dabei die nach dem Tod und dem, was der Tod hinterlässt. Der tote Körper in seiner sozialen Dimension, physische Überreste von Operationen und Autopsien und deren Tabuisierung beschäftigen die Künstlerin ebenso wie die persönlichen Rituale der Trauer und gesellschaftliche Strategien der Verdrängung. Margolles arbeitet in enger Verbindung zur Alltagsrealität ihrer mexikanischen Heimat, die seit Jahren vom Drogenkrieg verfeindeter Syndikate dominiert wird und jährlich mehrere tausend Opfer von Gewaltverbrechen zu verzeichnen hat. Als solidarisches Engagement für eben diese Toten ist ihre Kunst zu begreifen, als vehementer Kampf gegen das Vergessen.

In der Kunsthalle Fridericianum präsentiert Margolles unter dem Ausstellungstitel FRONTERA neue und bestehende Werke von großer Materialvielfalt, die die beängstigenden Ausmaße des Drogenkriegs auf die mexikanische Gesellschaft reflektieren, sich aber auch mit einer allgemeinen Tabuisierung von Tod und Gewalt auseinandersetzen. In unmittelbaren Kontakt mit den Toten versetzt sie die Besucher, indem sie Leichenwaschwasser aus einem mexikanischen Obduktionssaal im Ausstellungsraum auf eine heiße Stahlplatte tropfen lässt und den Tod damit olfaktorisch und atmosphärisch wahrnehmbar macht. Darüber hinaus errichtet sie in der Kasseler Ausstellung zwei Mauern, die sie aus mexikanischen Städten hat abtragen lassen. Die mannshohen Betonsteinwände entpuppen sich als Zeugen der alltäglichen Gewalt, sind doch die Einschusslöcher sichtbar, die von Straßenkämpfen stammen und das Stadtbild etwa von Ciudad Juárez, wo der Drogenkrieg besonders heftig tobt, nachhaltig prägen. Mit dem Ausstellungstitel FRONTERA (Grenze) spielt Teresa Margolles auf die Grenze dessen an, was eine Stadt ertragen kann. Sie zeigt Orte ohne Zukunft, in denen schon Jugendliche die Ausweglosigkeit ihrer Situation begreifen, wie eine ihrer filmischen Arbeiten in bedrückender Weise dokumentiert. Als Relikte von Opfern krimineller Gewalt zeigt Margolles zudem Vitrinen, in denen Schmuck von erschossenen Polizisten, Staatsbeamten, aber auch von Passanten und Touristen präsentiert ist. Während die goldenen Uhren, Ohrringe, Ketten und Armreife wie für die Auslage im Juweliergeschäft drapiert sind, verweisen diese Wertsachen als Vanitassymbole unmittelbar auf den plötzlichen, unverhofften Tod, der diesen Menschen widerfuhr. Weitere Arbeiten, die zum Teil vor Ort entstehen, ergänzen FRONTERA zu einer Synthese aus Werken, die sich teils eher dokumentarisch, teils sehr emotional der brisanten Realität in Mexiko widmen.
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