Ausstellung Kunstverein Kunstverein Neukölln
Der Tanz ist ein sinnliches Erleben, anmutig und schwungvoll zwischen Zweien, die sich, verbunden in Bewegung, Berührung, Rhythmus, annähern: Anja Spitzer und Werner Liebmann laden zur «Tanzstunde». Die beiden in Berlin lebenden Künstler*innen gehen im tänzerischen Umgang eine künstlerisch-synergetische Verbindung ein und lassen uns an ihrem Reigen teilhaben: Hier eine vorsichtige Begegnung, erste Berührung und zarte Annäherung, dort schnellen Schrittes, herumwirbelnd, sich drehend - die großen Gesten! Sie fordern sich auf, animieren sich. Ein mitreißendes Winden im Aufeinander zu und Auseinander streben der unmittelbaren Bewegung, miteinander. Mal laut und führend, dazwischen grazil und anmutig präsentieren sich die Arbeiten eines gemeinsamen Sinnes - im Tanz.
Anja Spitzers Arbeiten sind aus Beton gegossen und doch muten sie eher subtil an: Es entstehen wunderbare Kontraste von Material, Form und Dargestelltem, die in ihrer Präsenz das Filigrane eines Körpers in diesem harten Element auf den ersten Blick nicht erahnen lassen, deren «rauer» Schönheit aber das Anmutige des Körperlichen zutiefst entspringt. Und rau ist bei näherer Betrachtung doch vor allem eins: weich, samten und geschmeidig. Drehungen, Sprünge, Schleifbewegungen und Rollen als Bewegungselemente - mittels vielzähliger Wiederholungen und gleichbleibend präzise gesetzter Druckpunkte verformt sie den gesamten Tonkörper und lässt Arbeiten intensiven körperlichen Ausdrucks entstehen, die sich, mal frech und herausfordernd durch den Raum tänzelnd, mal stolz und erhaben in Form von 3er Passage und Bruch I, präsentieren und die Beziehung von Abdruck, Spur und Körper, von Präsenz und Rhythmik in Beton gegossen erfahrbar machen. Anja Spitzer platziert ihre Bewegungen, die von viel Nähe und einer berauschenden Faszination zu ihren Materialien Ausdrucksmittel für ihr Thema, die Präsenz des menschlichen Körpers, künden.
Bei einem Bild ist es für Werner Liebmann wie beim Tanz: Wissen vereint sich mit Zufall und Leidenschaft und ermöglicht erweitertes Erwartungsspektrums. Eine vage Ahnung lädt zu einer großen Geste, man nimmt die Aufforderung zur Bewegung an und betritt beherzt die Bühne. Doch wie verblendet von der Sanftmut des Gegenübers landet man im Nichts. Ein Gedankenblitz führt den Schritt zur Drehung und endlich verweben sich Gedanken und Tun: Im Hin und Her entsteht Unbekanntes, schnell, bewegt, ungeordnet, furios, freudig und unerwartet hell. Doch da sind auch die Ahnungen, die Befürchtung, die Gewissheiten des «Jetzt». Bitte kein Leicht-Sinn. Bitte Klarheit, Struktur und dunkles Blau. Und so würde es enden, wenn da nicht das Kinderlied wäre und die Erinnerung an den ersten Tanz. Und eine Geschichte fällt in den Raum wie das Licht wo alle hinwollen und der Mund faselt: „Wie Motten zum Licht“, wobei die Gedanken das Leichte mit dem Schweren verbinden. Werner Liebmanns Bilder explodieren in elysischen Farben, leuchten, stecken so voller Details, dass, die Gesamtansicht verwehrend, der Blick auf den einzelnen Bewegungen, Feinheiten und vielen kleinen Drehungen verweilt, eine rundherum verwirbelte Welt.
Der Tanz ist ein Abenteuer, dem wir uns aussetzen, auf- und anschließen. Nehmen wir uns eine Stunde.
Kuratiert von Rebekka Hofmann.
Ausstellungsdauer: 19. Januar bis 3. März 2019
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag von 14.00 bis 20.00 Uhr
Vernissage: Freitag, 18. Januar 2019, 19.30 Uhr
«Counterparts 5» – Tanzperformance von Anja Spitzer:
Donnerstag, 7., 14. und 21. Februar 2019, 19.00 Uhr
Finissage mit Künstler*innengespräch: Sonntag, 3. März 2019, 19.30 Uhr
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