Ausstellung Galerie PARROTTA CONTEMPORARY ART
Datum: 05.05.2023 - 21.07.2023
Künstler: SONJA ALHÄUSER, MIRJAM BAKER, BENJAMIN BADOCK, ANDREA BÜTTNER, FREDA HEYDEN, DETLEF ORLOPP, ANKICA MARJANOVIC, GABRIELE UND HELMUT NOTHHELFER, TIMM RAUTERT, CLARE STRAND
Veranstalter & Ort:
Galerie PARROTTA CONTEMPORARY ART
50674 Köln
Brüsseler Str. 21
Die diesjährige Sommerausstellung der Galerie Parrotta widmet sich in einer Gruppenausstellung mit elf beteiligten Künstlerinnen und Künstlern in Köln und Bonn dem Thema des Festes. In Köln sind die Fotografien von Katarzyna Kozyra, Timm Rautert, Gabriele und Helmut Nothhelfer und Clare Strand zu sehen. Kozyras Fotografien gehen zurück auf ihre Performance „Fressen“ am Teatr Powszechny in Warschau, die sich wiederum auf die Landshuter Hochzeit von 1475 bezieht, die als das größte Fest des Mittelalters gilt. Das Künstlerpaar Gabriele und Helmut Nothhelfer fotografiert seit den frühen siebziger Jahren Menschen auf öffentlichen Konzerten, Kundgebungen oder Festen und Timm Rautert hielt 1978 das Einstandsessen „Hommage à Karl Marx – Galadiner für berühmte Namensträger“ von und für Professor Daniel Spoerri fest.
Auf Burg Lede in Bonn weitet sich der Blick auch medial und bezieht den Garten mit einem Jahrmarktstand der Fotografin Clare Strand und die Küche mit einem Bankett von Sonja Alhäuser mit ein.
Das Fest unterbricht die Routine der Alltagswelt durch den Einbruch einer ganz anderen Wahrheit, wie es Mikhail Bakhtin am Beispiel des Karnevals gezeigt hat. Das Fest ist eine Institution, die Ungleichzeitigkeit und Andersheit ermöglicht und dabei festen Spielregeln folgt. Die These vom Verfall echter Festlichkeit wird am radikalsten von den Festtheoretikern des sogenannten Collège de Sociologie vertreten, die das Fest als alle Regeln verwerfende „kollektive Ekstase“ definieren. Demgegenüber hat insbesondere Roger Caillois in seinem L`Homme et le Sacré die Festveranstaltungen der modernen Massengesellschaft als reine Manipulation und Perversion verurteilt. Die Videoarbeit „Little Sisters. Luna Park Ostia “ von Andrea Büttner erlaubt durch die Darstellung zweier Ordensschwestern, die auf einem Jahrmarkt bei Rom eine Entenangel-Bude betreiben, einen ganz neuen Blick auf das sogenannte Spektakel und stellen mit ihrem Konzept der „Littleness“ etablierte Wertvorstellungen in Frage. Als Urform des Festes hat das gemeinsame Mahl (Kommunion) einen besonderen Stellenwert auch in dieser Ausstellung. Sonja Alhäuser, die sich in ihren Werken mit Sinnlichkeit, Verführung und barocker Opulenz beschäftigt, arbeitet mit Genussmitteln wie Butter, Marzipan oder Schokolade aus welchen sie Skulpturen formt. In einem eigens für die Burg Lede konzipierten Bankett, inszenierten sie die Überfülle von Festmahlen und hält in vielfigurigen Essens- und Rezeptzeichnungen die Vergänglichkeit der Genusswelt und den metabolischen Kreislauf bis in die tiefsten Eingeweide mit Leichtigkeit und Witz fest.
Wie die Ästhetik des Feierlichen, Gehobenen, der angemessenen Form und des „leichten“ Lachens einem Set festlicher Codes folgt, so ist die Karnevalisierung dieser Codes ein besonders ergiebiges künstlerisches Feld. Das Schwanken des Festes zwischen Anspruch und unzureichender Form, zwischen Albernheit und Pathos, zwischen Unter- und Überfüllung schafft einen diffusen und beunruhigenden Effekt des Peinlichen, der den Genuss unterbricht und die Erwartung des Skandals nährt oder einen unausweichlichen Sog der Melancholie in Gang setzt.
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