Wie die Zeitung Le Monde und weitere französische Medien berichten, ging es in dem zivilrechtlichen Prozess in Nanterre um das Max-Ernst-Gemälde „Tremblement de terre“. Das Bild hatte sich im Laufe der Ermittlungen im wohl bisher größten Kunstfälscherskandal um den Maler Wolfgang Beltracchi als Fälschung herausgestellt. Werner Spies bis zu jener Zeit der weltweit anerkannteste Max-Ernst-Experte schlechthin, hatte keine Zweifel an der Echtheit des Bildes und bestätigte dies auch.
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Im Jahr 2004 hatte der Kunstsammler Louis Reijtenbagh über mehrere Umwege mit seiner Firma Monte Carlo Art das Max-Ernst-Gemälde „Tremblement de terre“ gekauft. Im November 2009 tauchte das Bild dann bei Sotheby's auf und wurde für 1,142 Millionen Dollar versteigert. Pikanterweise taucht es heute immer noch in den Auktionsergebnissen bei Sotheby's mit den gefälschten Provenienzen auf.
Wie die FAZ berichtet wäre es in Deutschland aufgrund der Rechtslage wohl nicht zu einer Verurteilung gekommen. Denn Werner Spies Bewertung sei kein Zertifikat im juristischen Sinne. In Frankreich hingegen sieht man es anders. Die Angaben vom Experten Werner Spies und den Galeristen Jacques de La Béraudière sah das französische Gericht als mangelhaft und grob fahrlässig an.
Im Kunstfälscherprozess rund um die Beltracchi-Bande taucht der Name Werner Spies immer wieder auf. Involviert war sogar das Max-Ernst-Museum in Brühl, welches Jahre lang von Spies beraten wurde. Im Zuge der Berliner LKA-Ermittlungen stellte sich heraus, das es sich beim Gemälde "La Forêt (2)", angeblich 1927 von Max Ernst gemalt, ebenfalls um eine Fälschung aus der frei erfundenen "Sammlung Jägers" handelte. Das Bild wurde von Werner Spies als echt befunden, 2006 dann im Museum Brühl ausgestellt und danach für sieben Millionen Dollar an einen New Yorker Sammler verkauft. Bei mindestens sieben Bildern die im Zuge der Ermittlungen rund um den Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi man als Fälschungen enttarnte, gab Werner Spies positive Bewertungen zur Echtheit der Bilder ab.
Der Fall Beltracchi und die Sammlung Jägers wird den Kunstmarkt wohl auch in den kommenden Jahren noch beschäftigen. In Deutschland, wo der Prozess gegen Wolfgang Beltracchi, Helene Beltracchi, Otto S.-K. und Jeanette S. ein überraschend schnelles Ende fand, kritisierte man das nicht das ganze System hinter dem Kunstfälscherskandal strafrechtlich verfolgt wurde. Das übernehmen wohl zunehmend die Geschädigten in verschiedenen Zivilprozessen.
Denn involviert waren neben Experten wie Werner Spies oder Jacques de La Béraudière viele weitere Galerien, Experten und Auktionshäuser wie Christie's, Sotheby's und Lempertz in Köln. Das deutsche Auktionshaus versteigerte 29. November 2006 das Werk „Rotes Bild mit Pferden“ des deutschen Künstlers Heinrich Campendonk. Nur war dies, wie sich bei späteren Untersuchungen herausstellte, ebenfalls gefälscht. Der Geschädigte, die in Malta ansässige Firma Trasteco Ltd., klagte ebenfalls im Zivilprozess auf Schadensersatz. Im Dezember letzten Jahres wurde der Rechtsstreit mit einem Vergleich beigelegt.
- Campendonk-Bild: Beltracchi und Lempertz müssen zahlen
Im Frühjahr 2012 erschien das sehr empfehlenswerte Buch zum größten Kunstskandal der Nachkriegszeit in Deutschland "Falsche Bilder Echtes Geld" der beiden Journalisten und Kunstmarkt-Experten Stefan Koldehoff (FAT, taz, WDR) und Tobias Timm (Zeit). Die Recherchen der beiden Autoren geben detaillierte Einblicke in den Fälscherskandal und deren Beteiligte.
Von Werner Spies erschien im letzten Jahr die Autobiografie "Mein Glück" in der er nur kurz auf seine "unglückliche Rolle im Kölner Fälschungsskandal", so der Verlag, eingeht.
- Falsche Bilder, Echtes Geld: Der Fälschungscoup des Jahrhunderts - und wer alles daran verdiente
- Autobiografie von Werner Spies und der Beltracchi-Fall
Links zum Thema:
- Kunstmarkt - Werner Spies vermutet weitere Max Ernst Fälschungen
- Max Ernst und die fragwürdigen Geschäfte mit seinen Werken
- Kunstfälscher-Prozess - Videos und Fakten zum Kunstskandal
- Urteile im Kunstfälscher-Prozess - 6 Jahre Haft für Beltracchi